Die Regelinsolvenz - 5 Fragen und Antworten
Oft macht es Schlagzeilen, wenn ein großes Unternehmen Insolvenz anmeldet. Es sei "konkurs" gegangen, heißt es dann meistens.

Was genau eine Regelinsolvenz beinhaltet, wie sie abläuft und wer die Regelinsolvenz beantragen kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Übersicht:
- Was genau ist eine Regelinsolvenz?
- Wie läuft eine Regelinsolvenz ab?
- Was passiert nach Verfahrenseröffnung?
- Welches sind die Einschränkungen für den Schuldner?
- Was passiert in der Wohlverhaltensphase?
- Fazit
- FAQ
1.Was genau ist eine Regelinsolvenz?
Die Regelinsolvenz greift anders als die Privatinsolvenz, wenn Unternehmen oder Selbstständige mit mehr als 19 Gläubigern zahlungsunfähig werden.
Die Regelinsolvenz verfolgt 3 Ziele:
- Die Restschuldbefreiung
- Die Fortführung des Betriebs
- Den Pfändungsschutz
Beispiel 1: Ein Handwerksunternehmer hat sich verkalkuliert. Er hat zu wenig Einkünfte, zu hohe Ausgaben und jede Menge Schulden. Eine Verbesserung der Situation ist nicht absehbar. Um seine Schulden los zu werden, kann er die Regelinsolvenz beantragen.
Beispiel 2: Die Praxis eines selbstständigen Arztes läuft nicht gut. Er hat nicht genug Patienten, aber jede Menge Schulden für seine Instrumente, die Miete etc. Insgesamt schuldet er mehr als 19 Gläubigern Geld. Um seine Schulden los zu werden, kann er die Regelinsolvenz beantragen. Verläuft die Regelinsolvenz erfolgreich, kann in beiden Fällen nach 6 Jahren die Restschuldbefreiung erteilt werden. In diesem Fall ist der Schuldner anschließend schuldenfrei.
Unterschied Regelinsolvenz und Privatinsolvenz
Der wesentliche Unterschied der Regelinsolvenz im Vergleich zur Privatinsolvenz besteht in der Rolle des Insolvenzverwalters.
Im Regelinsolvenzverfahren ist kein außergerichtlicher Einigungsversuch notwendig.
Im Privatinsolvenzverfahren ist die Vorschaltung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens hingegen zwingend vorgeschrieben.
Das Regelinsolvenzverfahren dauert je nach individueller Situation zwischen 3 und 6 Jahren. Es endet mit der Restschuldbefreiung. Die Restschuldbefreiung kann erteilt werden nach
- 3 Jahren: bei Tilgung von 35% der Schulden sowie Ausgleich der Verfahrenskosten
- 5 Jahren: bei Ausgleich der Verfahrenskosten
- 6 Jahren: unabhängig von der Schuldenbegleichung oder der Übernahme der Verfahrenskosten
2. Wie läuft eine Regelinsolvenz ab?
Die Regelinsolvenz beginnt mit dem Antrag beim Insolvenzgericht und umfasst die Eröffnung des Verfahrens, die Bestandsaufnahme der Schulden und Vermögenswerte sowie die Verwertung zugunsten der Gläubiger. Nach Abschluss des Verfahrens kann eine Restschuldbefreiung erfolgen, sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind.
Das macht der Schuldner:
- Zunächst stellt der Schuldner einen schriftlichen Antrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens bei dem für seinen Wohnort zuständigen Insolvenzgericht.
- Neben dem Antrag muss er ein Vermögensverzeichnis und eine Gläubigerübersicht, sowie eine eidesstattliche Versicherung ob der Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben einreichen.
Das macht das Insolvenzgericht:
- Ein Sachverständiger des Gerichts überprüft die eingereichten Unterlagen und erstellt ein Gutachten
- Ein Insolvenzverwalter wird vom Gericht ernannt
- Nach der Verfahrenseröffnung wird durch die so genannte Zäsur das Vermögen des Schuldners in 2 Teile geteilt:
- 1. Alles Vermögen, was bis zur Eröffnung des Verfahrens entstanden ist, wird zur Insolvenzmasse gerechnet.
- 2. Neues Vermögen was während des Verfahrens durch Einkommen oder Erbschaft erworben wird, unterliegt der Insolvenzmasse nur im Rahmen der Vollstreckungsschutzvorschriften.
Ein Regelinsolvenzverfahren wird nur eröffnet, wenn die Kosten gedeckt sind
Kann ein Schuldner die Verfahrenskosten nicht bezahlen und hat er auch keinen Dritten (Freunde oder Familie) die für ihn zahlen, kann er eine Stundung der Kosten beantragen.
Im Gegenzug für die Stundung der Verfahrenskosten muss der Schuldner für die Dauer des Verfahrens inklusive der Wohlverhaltensphase eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben.

Mehr zur Wohlverhaltensphase erfahren Sie in diesem Beitrag.
3. Was passiert nach Verfahrenseröffnung?
Nach der Verfahrenseröffnung tritt der Pfändungsschutz ein. Es können keine Zwangsvollstreckungen, wie Pfändungen oder die Abnahme der Vermögensauskunft mehr vorgenommen werden. Der Schuldner kann alle Schreiben seiner Gläubiger an den Insolvenzverwalter weiterleiten.
Zudem wird die Eröffnung des Verfahrens öffentlich gemacht (zum Beispiel in den amtlichen Bekanntmachungen).
Alle Gläubiger melden ihre Ansprüche gegenüber dem Insolvenzverwalter an. Dieser prüft anschließend ob die Forderungen der Gläubiger berechtigt sind und erstellt ein entsprechendes Forderungsverzeichnis.
Bei Prüfterminen vor Gericht werden die Gläubiger und ihre Forderungen dann bestätigt oder abgelehnt.
Außerdem kann ein Insolvenzplan erstellt werden über den alle Gläubiger abstimmen. Sollte dieser Insolvenzplan angenommen werden, kann ein Insolvenzverfahren auf diesem Weg vermieden werden.
Der Insolvenzverwalter sichert jetzt die Insolvenzmasse. Das heißt: Er beschlagnahmt und verwertet sämtliche Vermögenswerte. Dazu gehören: wertvolle Gegenstände, Möbel, das Auto (wenn es nicht zwingend beruflich gebraucht wird), Bausparverträge, kapitalbildende Lebensversicherungen (auch wenn die für die Altersvorsorge bestimmt waren), Guthaben bei Banken, Immobilien und der pfändbare Teil des Einkommens. Aus all diesen Werten ergibt sich die Insolvenzmasse.
Der Insolvenzverwalter haftet für Schulden, die während der Zeit des Verfahrens durch alte Verträge (Sportstudio, Zeitungsabo, Auto-Leasing) gemacht werden. Deswegen kann er diese Verträge beenden.
Beim Schlusstermin wird das noch vorhandene Vermögen nach Abzug der Verfahrenskosten auf die Gläubiger verteilt.
Wird dem Antrag auf Restschuldbefreiung stattgegeben, ist das Regelinsolvenzverfahren abgeschlossen. Dem Schuldner werden restliche Schulden erlassen, er ist schuldenfrei.
4. Welches sind die Einschränkungen für den Schuldner?
Mit Eröffnung des Verfahrens bis zum Beginn der Wohlverhaltensphase verliert der Schuldner seine Vermögensverwaltungsbefugnis. Das heißt: Er kann nicht mehr über sein Vermögen verfügen. Auch das Einkommen des selbstständigen Schuldners wird vollständig zur Insolvenzmasse gezogen.
Der Schuldner erhält vom Insolvenzverwalter Unterhalt aus der Insolvenzmasse. Die Höhe des Unterhalts wird durch den Insolvenzverwalter vorgeschlagen, die Gläubigerversammlung stimmt endgültig darüber ab. Als Richtlinie dient der Sozialhilfebedarf des Schuldners und von Personen, denen er Unterhalt zahlt (Kinder, Ehepartner).
Alternativ und in der ganz überwiegenden Mehrheit der Fälle kann der Insolvenzverwalter die selbständige Tätigkeit des Schuldners aber auch freigeben. Damit fällt die selbständige Tätigkeit nicht mehr in die Insolvenzmasse. Verluste oder Gewinne, die vom selbständigen Schuldner erzielt werden, verringern oder mehren die Insolvenzmasse nicht. Der selbständige Schuldner muss in diesem Fall aber einen Beitrag an den Insolvenzverwalter zahlen, der dem pfändbaren Teil des Einkommens eines angestellten Schuldners entspricht.
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Gibt der Schuldner seine Selbstständigkeit vor oder im Insolvenzverfahren auf, erhält er wie alle abhängigen Beschäftigten den unpfändbaren Teil ihres Einkommens. Dessen Höhe wird nach § 850c ZPO festgelegt. Der Insolvenzverwalter verlangt die Überweisung des pfändbaren Teils des Einkommens direkt beim Arbeitgeber. Der Schuldner sollte also seinen Arbeitgeber über das Insolvenzverfahren informieren!
Unterhaltsansprüche des Schuldners gegenüber Dritten (Ehegatte, Kinder) können nicht zur Insolvenzmasse gezählt werden.
Das Girokonto des Schuldners erlischt. Der Insolvenzschuldner sollte rechtzeitig ein Pfändungsschutzkonto eröffnen. Gemeinschaftskonten bei Eheleuten sollten vor Verfahrenseröffnung getrennt werden, wenn nur einer die Regelinsolvenz durchläuft. Um nicht plötzlich ohne Geld dazustehen, sollte Vorsorge getroffen werden!
5. Was passiert in der Wohlverhaltensphase?
Der Schuldner muss den pfändbaren Teil seines Einkommens an den Treuhänder abgeben und folgende Pflichten erfüllen:
- Das Ausüben einer angemessenen Erwerbstätigkeit oder das Streben danach.
- Vermögen das durch Erbe oder Tod erworben wird, muss zur Hälfte an den Treuhänder abgegeben werden.
- Er hat eine Auskunftspflicht über Wohnortswechsel, Arbeitgeberwechsel, etc.
- Er verpflichtet sich, Zahlungen nur an den Treuhänder zu leisten und nicht an einzelne Gläubiger. So wird eine Bevorteilung vermieden.
Selbstständige können ihren Betrieb weiterführen. Allerdings ist in der Wohlverhaltensphase kein Insolvenzverwalter und keine Gläubigerversammlung mehr vorhanden, die die Vorgänge überwachen. Der Selbstständige ist darauf angewiesen, dass die Zahlungen an den Insolvenzverwalter in einer angemessenen Höhe erfolgen. Das Risiko, zu wenig zu zahlen ist groß. Im schlechtesten Fall kann am Ende die Restschuldbefreiung versagt werden.
6. Fazit
- Definition und Ziele der Regelinsolvenz: Die Regelinsolvenz betrifft Unternehmen und Selbstständige mit mehr als 19 Gläubigern und verfolgt drei Hauptziele: Restschuldbefreiung, Fortführung des Betriebs und Pfändungsschutz.
- Ablauf des Verfahrens: Nach dem Antrag beim Insolvenzgericht erfolgt die Prüfung der Unterlagen, die Ernennung eines Insolvenzverwalters und die Aufteilung des Vermögens in Insolvenzmasse und geschütztes Einkommen. Die Restschuldbefreiung kann je nach Schuldentilgung nach 3, 5 oder 6 Jahren erteilt werden.
- Rechte und Pflichten des Schuldners: Während des Verfahrens verliert der Schuldner die Kontrolle über sein Vermögen, darf nur den unpfändbaren Teil seines Einkommens behalten und muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben.
- Rolle des Insolvenzverwalters: Der Insolvenzverwalter verwaltet und verwertet die Insolvenzmasse, prüft Gläubigerforderungen, kann Verträge kündigen und sorgt für eine faire Verteilung der Mittel auf die Gläubiger.
- Wohlverhaltensphase: Nach dem eigentlichen Insolvenzverfahren muss der Schuldner weiterhin den pfändbaren Teil seines Einkommens abgeben, seinen Verpflichtungen nachkommen und darf keine direkten Zahlungen an einzelne Gläubiger leisten, um eine Restschuldbefreiung zu erhalten.
- Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen: Der Schuldner verliert sein Girokonto, sollte frühzeitig ein Pfändungsschutzkonto einrichten und muss Arbeitgeber oder Geschäftspartner über die Insolvenz informieren, um finanzielle Engpässe zu vermeiden.
Die Regelinsolvenz ist ein langwieriger und herausfordernder Prozess, der das bisherige Leben des Schuldners komplett verändert. Am Ende des Verfahrens steht dafür aber der Schritt in ein neues, schuldenfreies Leben!
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7. FAQ
Wie läuft eine Regelinsolvenz ab?
Der Schuldner stellt einen schriftlichen Antrag beim Insolvenzgericht. Dieser enthält: ein Vermögensverzeichnis, eine Gläubigerübersicht und eine eidesstaatliche Erklärung über die Richtigkeit der Angaben. Ein Sachverständiger des Gerichts erstellt nach Prüfung der Unterlagen ein Gutachter und ein Insolvenzverwalter wird vom Gericht ernannt. Daraufhin wird das Verfahren eröffnet.
Welche Einschränkungen entstehen für den Schuldner durch die Regelinsolvenz?
Der Schuldner darf nicht mehr über sein Vermögen verfügen. Auch erlischt das Girokonto des Schuldners – hier sollte also frühzeitig ein P-Konto eingerichtet werden.
Wer kann eine Regelinsolvenz beantragen?
Die Regelinsolvenz ist für Unternehmen und Selbstständige gedacht, die zahlungsunfähig sind und mehr als 19 Gläubiger haben.
Was ist der Unterschied zwischen einer Regelinsolvenz und einer Privatinsolvenz?
Bei der Regelinsolvenz ist kein außergerichtlicher Einigungsversuch erforderlich, während dies bei der Privatinsolvenz verpflichtend ist. Zudem spielt der Insolvenzverwalter eine aktivere Rolle in der Regelinsolvenz.
Wie lange dauert ein Regelinsolvenzverfahren?
Die Dauer beträgt je nach Schuldentilgung 3, 5 oder 6 Jahre. Nach erfolgreichem Abschluss kann eine Restschuldbefreiung erfolgen.
Was passiert mit dem Einkommen und Vermögen während der Insolvenz?
Das vorhandene Vermögen wird Teil der Insolvenzmasse. Einkommen unterliegt den Pfändungsschutzvorschriften, wobei der pfändbare Teil an den Insolvenzverwalter abgeführt wird.
Welche Pflichten entstehen in der Wohlverhaltensphase?
Der Schuldner muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben, Änderungen seiner Wohn- oder Arbeitsverhältnisse mitteilen und den pfändbaren Teil seines Einkommens an den Treuhänder abführen.
Was passiert mit meinen laufenden Verträgen während der Regelinsolvenz?
Der Insolvenzverwalter kann laufende Verträge wie Mietverträge, Leasingverträge oder Abonnements kündigen, wenn sie die Insolvenzmasse belasten. Neue Schulden während der Insolvenz dürfen nicht gemacht werden, da diese nicht in die Restschuldbefreiung einbezogen werden.
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