Vermögen vor Gläubigern schützen - Welche Maßnahmen Ihnen zur Verfügung stehen
Der Schutz des Vermögens vor Gläubigern ist ein Ziel der sogenannten Asset Protection. Dabei geht es um den Schutz des eigenen Vermögens vor dem Zugriff, insbesondere von Gläubigern und durch Haftungsregelungen, die beispielsweise mit der Geschäftsführerstellung verbunden sein könnten.
GmbH-Geschäftsführer, ob angestellt oder als Gesellschafter, sind zwar grundsätzlich durch Haftungsbeschränkungen oder ihr Anstellungsverhältnis vor dem Zugriff von Gläubigern, z.B. in der Insolvenz, geschützt. Allerdings bergen auch Haftungsbeschränkungen Vermögensrisiken, da ein Gläubigerzugriff bei pflichtwidrigem Handeln möglich bleibt.
Vermögensschützende Maßnahmen setzen daher zeitlich meist dann an, wenn Unternehmen gerade gegründet werden oder eine wirtschaftliche Krise bzw. Insolvenznähe noch kein Thema ist. Zu diesem Zeitpunkt sind aufgrund der gesetzlichen Anfechtungsregeln noch keine Zugriffsrechte von Gläubigern auf das Vermögen von Unternehmern, Selbständigen, Freiberuflern, Gewerbetreibenden oder Geschäftsführern möglich.
Rechtsanwalt Sebastian Fehse erläutert in diesem Beitrag, zu welchem Zeitpunkt vermögensschützende Maßnahmen ergriffen werden sollten, in welchen Fällen die Haftungsbeschränkung einer GmbH dennoch zu einer Haftung von Geschäftsführern oder Gesellschaftern führen kann und welche vermögensschützenden Maßnahmen zur Verfügung stehen.
Übersicht:
- Was bedeutet Asset Protection?
- Welche Risiken gibt es bei dem Vermögensschutz?
- Wie kann ich mein Vermögen schützen?
- Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen beachtet werden?
- Wie kann eine Schuldnerberatung unterstützen?
- Fazit
1. Was bedeutet Asset Protection?
Unternehmer, Gewerbetreibende, Freiberufler und andere Selbständige, die in eine wirtschaftliche oder finanzielle Schieflage geraten sind oder bereits mit dem Thema Insolvenz in Berührung gekommen sind, wollen in der Regel ihr Privatvermögen vor dem Zugriff der Gläubiger schützen. Was man sich über Jahre oder Jahrzehnte erarbeitet hat, möchte man nicht durch finanzielle Krisen oder das wirtschaftliche Scheitern des Unternehmens oder der Firma verlieren.
Asset Protection bedeutet Vermögensschutz
Der Begriff Asset Protection beschreibt rechtliche Möglichkeiten und Gestaltungen, um das eigene (Privat-)Vermögen vor dem Zugriff u.a. von Gläubigern zu schützen. Asset Protection beschränkt sich aber nicht nur auf den Schutz des Vermögens vor dem Zugriff von Gläubigern in z.B. insolvenzrechtlichen Belangen, sondern z.B. auch im Erbrecht oder Familienrecht, also den Folgen von Scheidung, Trennung oder Pflichtteilsansprüchen beim Tod des Unternehmers oder Selbständigen.
Neben gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen helfen auch spezielle erb- und familienrechtliche Gestaltungen, das Vermögen zu schützen oder ein Unternehmen wirtschaftlich sinnvoll weiter betreiben zu können.
2. Welche Risiken gibt es bei dem Vermögensschutz?
Wenn Sie als Unternehmer, Gewerbetreibender, Freiberufler, Selbständiger, aber auch als Gesellschafter oder Geschäftsführer einer GmbH in wirtschaftlich schwierigen Zeiten noch Vermögen vor einer möglichen Insolvenz sichern wollen, indem Sie das Vermögen z.B. auf Familienangehörige umschichten, ist es dafür meist zu spät.
Zwar kann so kurz- bis mittelfristig das Vermögen umgeschichtet werden und man wähnt sich in vermeintlicher Sicherheit vor dem Zugriff der Gläubiger. Diese Sicherheit ist jedoch ein Trugschluss. Denn wenn eine solche Vermögensumschichtung kurz vor der Insolvenz oder Insolvenzreife erfolgt, sieht die Insolvenzordnung umfangreiche Anfechtungsmöglichkeiten zum Schutz der Gläubiger vor.
Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung
Ist ein Unternehmen oder eine Firma insolvent, wird entweder ein Insolvenzverwalter oder im Fall der Eigenverwaltung ein Sachwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter hat vor allem dafür zu sorgen, dass das noch vorhandene Vermögen des Unternehmens als Insolvenzmasse vollständig an die Gläubiger ausgekehrt und nicht entzogen wird. Wird durch unzulässige Vermögensumschichtungen ein Teil der Insolvenzmasse "abgezweigt", bleibt den Gläubigern letztlich weniger übrig, um ihre Forderungen zu befriedigen.
Wurde nun kurz vor der Insolvenz Vermögen aus einem Unternehmen z.B. in das Privatvermögen umgeschichtet, soll es nach den Regeln der Insolvenzanfechtung unter anderem dem Insolvenzverwalter möglich sein, diese Umschichtung rückgängig zu machen. Dies würde im Falle einer erfolgreichen Anfechtung eine Vermehrung der Insolvenzmasse und damit den Schutz der Gläubiger vor einem Vermögensabfluss bedeuten.
Statt der Vermögensumschichtung in das eigene Privatvermögen, können auch andere Versuche der Vermögensverschiebung während der Insolvenz nach §§ 129ff. InsO anfechtbar sein. Dazu zählen z.B.:
- Zahlung z.B. eines Kaufpreises, wenn die Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten war
- Befriedigung eines Gläubigeranspruchs, obwohl der Anspruch nicht bestand (entweder nicht zu dem Zeitpunkt, nicht in der Art oder überhaupt nicht)
- absichtliche Zahlung z.B. eines überhöhten Kaufpreises, wenn derjenige Gläubiger von der Zahlungsunfähigkeit wusste
- unentgeltliche Leistungen des Schuldners (also ohne Gegenleistung desjenigen Gläubigers)
- Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen
- Stille Gesellschaft (vollständige oder teilweise Rückgewährung einer Gesellschaftseinlage) oder Erlass einer Verlustbeteiligung eines stillen Gesellschafters
Risiko durch Anfechtung
Auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens können bestimmte Handlungen des Unternehmers, die zu einer Benachteiligung der Gläubiger führen, angefochten werden. Dies ermöglicht das Anfechtungsgesetz.
Kann der Gläubiger nach dem Anfechtungsgesetz eine Vermögensverschiebung des Schuldners anfechten, so können beispielsweise Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auch in Vermögenswerte erfolgen, die der Schuldner bereits an eine andere Person übertragen hat. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn der Schuldner sein gesamtes Vermögen, insbesondere seine Immobilien oder Fahrzeuge, auf seine Ehefrau übertragen hat.
Strafrechtliche Konsequenzen
Vermögensverschiebungen vor oder während einer Insolvenz können neben der Anfechtbarkeit der Vermögensverschiebung regelmäßig auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Als mögliche Straftatbestände kommen hier vor allem der Bankrott, § 283 StGB, die Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB, sowie die Vereitelung der Zwangsvollstreckung, § 288 StGB, in Betracht.
Daneben werden regelmäßig auch die Insolvenzverschleppung, § 15a InsO, Untreue, § 266 StGB, oder der Betrug, § 263 StGB, als potentielle Straftatbestände in diesem Zusammenhang verwirklicht.
3. Wie kann ich mein Vermögen schützen?
Ein rechtlich zulässiges Vermögensschutzkonzept setzt nicht nur an einem bestimmten Punkt an oder umfasst nur eine Maßnahme. Für den Vermögensschutz sollte daher die eigene Situation in wirtschaftlicher, rechtlicher und persönlicher Hinsicht geprüft werden, um zu entscheiden, welche Maßnahmen sinnvoll und rechtlich zulässig sind. Mögliche Maßnahmen sind z.B.:
- vertragliche Gestaltung mit Haftungsreduzierung, z.B. durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag oder Geschäftsführervertrag
- Wahl der richtigen Unternehmensform (z.B. GmbH)
- Schenkungen bzw. Vermögensübertragungen an z.B. Ehepartner/Lebenspartner, Kinder/Enkel (auch unter Ausnutzung der Freibeträge der Schenkungsteuer) unter Beachtung der Anfechtungsfristen
- Schutz von bestimmten Vermögenswerten, die bei richtiger Gestaltung nicht gepfändet werden dürfen (z.B. Wohnrechte)
- Eheverträge (familienrechtliche Gestaltung durch Gütertrennung, Güterstandsschaukel und Zugewinnausgleich)
- Gründung einer Familiengesellschaft - im Gesellschaftsvertrag kann der Zugriff von Gläubigern erschwert oder ausgeschlossen werden, etwa durch Abfindungsregelungen
- Gründung einer Familienstiftung zur Versorgung des Stifters und seiner Familie - auch hier kann der Zugriff von Gläubigern erschwert werden oder ausgeschlossen werden
- Testament und Erbvertrag (erbrechtliche Gestaltung auch durch Testamentsvollstreckung, Pflichtteilsverzichte oder besondere gesellschaftliche Nachfolgeregelungen) - kann z.B. den Zugriff von Erben erschweren sowie dem Auseinanderfallen eines Unternehmens vorbeugen
- Ausnutzung des Pfändungsschutzes gesetzlicher, aber vor allem privater Rentenversicherungen und teilweise auch der weiteren Altersvorsorge
- Vermögensschadenhaftpflicht für u.a. Geschäftsführer (auch D&O-Versicherung genannt)
4. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen beachtet werden?
Wie sich bereits aus den möglichen Anfechtungs- und Insolvenzanfechtungstatbeständen ergibt, ist Zeit eine der wichtigsten Rahmenbedingungen bei der Asset Protection. Wird der Vermögensschutz rechtzeitig geplant und umgesetzt, können mögliche Gläubiger oder Insolvenzverwalter nicht auf das geschützte Vermögen zugreifen. Die goldene Regel der Asset Protection lautet daher: Rechtzeitig handeln und rechtzeitig für einen entsprechenden Vermögensschutz sorgen!
Tritt ein Haftungsfall ein oder verwirklicht sich ein wirtschaftliches Risiko, wie z.B. die Insolvenz oder drohende Insolvenz, sind alle Vermögensverschiebungen und die meisten Vermögensschutzmaßnahmen kaum mehr möglich bzw. anfechtbar. Alle rechtzeitig getroffenen Maßnahmen oder Vermögensverschiebungen sind dann aber in der Regel unangreifbar.
Rahmenbedingung: Haftungsbeschränkung nur bei pflichtgemäßer Ausübung der Tätigkeit
Wer eine GmbH gründet oder deren Geschäftsführer oder Gesellschafter ist, glaubt häufig an die vermeintliche Sicherheit der Haftungsbeschränkung der GmbH. Theoretisch haftet man sowohl als Gesellschafter als auch als Geschäftsführer nur mit der Stammeinlage, die man in die GmbH eingebracht hat. Ist man nur angestellter Geschäftsführer, wiegt man sich ebenfalls in der Sicherheit, z.B. im Insolvenzfall nicht mit seinem Privatvermögen zu haften.
Vor allem aus diesen Gründen und um das eigene Vermögen vor Insolvenz oder Fehlern als Geschäftsführer zu schützen, wählen viele Gründer die Rechtsform der GmbH. Dem ist zwar aus Sicht des Vermögensschutzes und der Asset Protection grundsätzlich zuzustimmen. Es gibt gerade im Hinblick auf die GmbH auch Haftungsrisiken, die reduziert werden oder fast gänzlich ausgeschlossen werden können.
Vermögensrisiko: Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern einer GmbH
Die Haftungsbeschränkung des Geschäftsführers gilt nicht uneingeschränkt. Hat ein Geschäftsführer die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen seines Unternehmens nicht im Blick und „verschläft“ wirtschaftliche Schieflagen, kann die Haftungsprivilegierung schnell erlöschen. Wird die Insolvenzreife nicht erkannt und deshalb zu spät oder gar kein Insolvenzantrag gestellt - die Antragspflicht liegt beim Geschäftsführer - kann dies zur Haftung des Geschäftsführers führen. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist die Geschäftsführerhaftung nach §§ 15a ff. InsO (früher § 64 GmbHG).
Mehr zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH lesen Sie in diesem Beitrag.
Ist die Insolvenzreife einer GmbH eingetreten und hat die GmbH zu diesem Zeitpunkt keinen Geschäftsführer mehr, geht die Insolvenzantragspflicht auf die Gesellschafter über. Unterlassen die Gesellschafter die Insolvenzantragstellung, kann dies zum einen den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung erfüllen, zum anderen kann dies zu einer Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen führen.
Mehr zur Haftung der Gesellschafter einer GmbH lesen Sie in diesem Beitrag.
Pflichtwidriges Verhalten kann zur Haftung führen
Auch in anderen Fällen können Geschäftsführer und Gesellschafter durch ihr pflichtwidriges Verhalten eine persönliche Haftung auslösen, obwohl sie aufgrund der Haftungsbeschränkung der GmbH eigentlich nicht haften müssten. Für den Vermögensschutz ist es daher als Rahmenbedingung wichtig, dass im beruflichen Kontext die übernommenen Pflichten, also z.B. die eines GmbH-Geschäftsführers, so ausgeübt werden, dass eine Haftung durch pflichtwidriges Verhalten vermieden wird.
5. Wie kann eine Schuldnerberatung unterstützen?
Als Schuldnerberatung erkennen wir die Anzeichen einer wirtschaftlichen Krise. Eine solche Analyse sollte immer an erster Stelle eines seriösen, rechtssicheren und rechtzeitigen Vermögensschutzkonzeptes stehen. Denn nur eine rechtzeitige Asset Protection ist der legitime Weg, um das Privatvermögen zu schützen.
In einem zweiten Schritt ist es wichtig, die rechtliche Situation des Unternehmens oder der Gesellschaft zu kennen, um mögliche Haftungsrisiken, die sich aus der Rechtsform des Unternehmens oder der beruflichen Tätigkeit ergeben, einschätzen zu können. Hier ergibt sich häufig ein haftungsrechtlicher Optimierungsbedarf. Durch die richtigen vertraglichen Gestaltungen, sei es im Gesellschaftsvertrag oder in einem Geschäftsführervertrag, können Haftungsrisiken deutlich minimiert werden.
Persönliche Situation für den Vermögensschutz entscheidend
Auch bei den möglichen Maßnahmen zum Vermögensschutz dürfen die persönlichen Verhältnisse nicht außer Acht gelassen werden. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die familienrechtlichen Verhältnisse wie Ehe und Ehevertrag sowie die zukünftigen erbrechtlichen Verhältnisse, wie etwa pflichtteilsberechtigte Nachkommen.
Hier kann es in bestimmten Konstellationen sinnvoll sein, z.B. eine Familienstiftung oder eine Familiengesellschaft zu gründen, die bestimmte Abfindungsregelungen für insolvente Gesellschafter vorsieht, um das Vermögen der übrigen Gesellschafter zu schützen. Welche Maßnahmen des Vermögensschutzes wichtig sind, hängt auch davon ab, wie viel Vermögen vorhanden ist und wie dieses Vermögen strukturiert ist, z.B. ob Immobilien vorhanden sind.
Asset Protection: Rechtzeitig um Vermögensschutz kümmern!
Bei allen möglichen Maßnahmen ist jedoch immer auf den richtigen Zeitpunkt des Vermögensschutzes zu verweisen. Bereits bei der Gründung eines Unternehmens oder vor der Tätigkeit für ein Unternehmen, z.B. als Geschäftsführer, sollte mit dem Vermögensschutz begonnen werden. Je weiter sich ein Unternehmen in der wirtschaftlichen Krise oder kurz vor der Insolvenz befindet, desto weniger sind vermögensschützende Maßnahmen rechtlich wirksam. Der Zugriff der Gläubiger auf das Privatvermögen kann dann nicht mehr gewährleistet werden.
6. Fazit
- Ziel des Vermögensschutzes ist es, das eigene Vermögen vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen und Haftungsrisiken zu minimieren, insbesondere bei Unternehmen, Selbständigen, Gewerbetreibenden und GmbH-Geschäftsführern.
- Vermögensschutzmaßnahmen müssen rechtzeitig ergriffen werden, bevor eine wirtschaftliche Krise oder Insolvenz droht, da nicht rechtzeitige Vermögensumschichtungen vor dem Hintergrund des Gläubigerschutzes häufig anfechtbar sind.
- Risiken bei falscher Vermögensverschiebung sind die Anfechtung von Vermögensumschichtungen, der Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung und strafrechtliche Konsequenzen.
- Mögliche Schutzmaßnahmen sind vertragliche Gestaltungen, die Wahl der richtigen Unternehmensform, Schenkungen, Eheverträge, Familiengesellschaften, Stiftungen, Testamente und Erbverträge sowie die Nutzung des Pfändungsschutzes bei Rentenversicherungen oder speziellen Versicherungen.
- Zeit ist eine entscheidende Rahmenbedingung für den Vermögensschutz, da rechtzeitiges Handeln vor wirtschaftlichen Problemen wichtig ist, während späte Umschichtungen oft anfechtbar sind.
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