Außergerichtlicher Vergleich oder Insolvenzantrag?
Im Rahmen unserer Beratung kommt immer wieder die Frage auf, welcher der beste Weg zur Schuldenbereinigung sei.
In Frage kommen meist zwei Alternativen:
- ein außergerichtlicher Vergleich oder
- ein Privatinsolvenzverfahren
Dieser Beitrag soll Besonderheiten sowie Vor- und Nachteile dieser beiden Schuldenbereinigungsverfahren darstellen.
Übersicht:
- Der außergerichtliche Vergleich
- Das Privatinsolvenzverfahren
- Außergerichtlicher Vergleich oder Insolvenzantrag: Sonderfall selbständige Schuldner
- Außergerichtlicher Vergleich oder Insolvenzantrag: Wir prüfen Ihren Fall
Der außergerichtliche Vergleich
Ein außergerichtlicher Vergleich bedeutet Vergleichsverhandlungen mit den Gläubigern, um für den Schuldner eine gütliche Einigung für die Rückzahlung seiner Schulden bzw. eines Teils davon an die Gläubiger zu erzielen. Ein solcher Vergleich wird den Gläubigern meist in Form eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans unterbreitet.
Immer ist die Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens zwingende Voraussetzung für ein späteres Verbraucherinsolvenzverfahren.
Ein außergerichtlicher Vergleich kommt grundsätzlich ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe zustande. Um so wichtiger ist die Auswahl des richtigen Schuldnerberaters, um den Erfolg der Vergleichsverhandlungen mit den Gläubigern nicht zu gefährden.
Mit Hilfe Ihres Schuldnerberaters schließen Sie mit Ihren Gläubigern einen Vergleich, der vorsieht, dass diese gegen Zahlung einer Vergleichssumme auf einen Großteil ihrer Forderungen gegen Sie verzichten. Diese Vergleichssumme kann entweder durch eine Einmalzahlung oder in Form von festen monatlichen Raten aufgebracht werden.
Das Privatinsolvenzverfahren
Zur Einleitung eines Privatinsolvenzverfahrens müssen Sie beim zuständigen Amtsgericht einen Antrag stellen, der mit einem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung und einem Antrag auf Kostenstundung verbunden werden muss. Im Insolvenzverfahren treten Sie für die Dauer von 3 Jahren (oder 36 Monaten) die pfändbaren Teile Ihres Einkommens an den Insolvenzverwalter ab.
Die Höhe des an den Insolvenzverwalter abzuführenden pfändbaren Einkommens hängt von Ihrem Nettogehalt und Ihren Unterhaltsverpflichtungen ab und kann sich durch Gehaltsveränderungen, dem Wegfall bisheriger oder dem Entstehen neuer Unterhaltsverpflichtungen sowie Änderungen der gesetzlichen Regelungen über die Laufzeit des Insolvenzverfahrens verändern.
Die Vorteile
Die Vorteile eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens liegen darin, dass man mit den Gläubigern flexible Regelungen treffen kann, ohne der Aufsicht von Insolvenzverwalter und Insolvenzgericht unterworfen zu sein.
So kann eine auf 36 Monate angelegte Ratenzahlungsvereinbarung durch Sonderzahlungen auch bereits vorzeitig erfüllt werden und die Befreiung von Ihren Schulden bereits früher erfolgen.
Ein weiterer Vorteil des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens liegt darin, dass die Höhe der monatlichen Raten fest vereinbart wird und sich diese dadurch über die Laufzeit der Ratenzahlung nicht verändert. Auch auf etwaiges weiteres Vermögen des Schuldners haben die Gläubiger keinen Zugriff. Außen vor bleiben damit:
- Immobilien,
- Erbschaften,
- Schenkungen,
- Lotto Gewinne und
- Gehaltserhöhungen.
Der feste Rahmen eines Insolvenzverfahrens kann aber auch von Vorteil sein. Sicher ist, dass ein Privatinsolvenzverfahren nach 36 Monaten beendet ist. Auch wenn Sie in diesen drei Jahren kein pfändbares Einkommen erwirtschaften können oder sich dieses aufgrund von Krankheit oder Arbeitslosigkeit reduziert oder komplett wegfällt, wird Ihnen nach 36 Monaten die Restschuldbefreiung erteilt.
Von Beginn an bis zum Ende des Insolvenzverfahrens sind Sie vor Pfändungen oder Vollstreckungsmaßnahmen Ihrer Gläubiger geschützt. Bis auf die Abführung des pfändbaren Einkommens drohen keine weiteren Einschränkungen. Auch vor Ihnen nicht wohlgesinnten Gläubigern sind Sie durch die Regelungen der Insolvenzordnung geschützt.
Die Nachteile
Der große Nachteil eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens ist, dass sich die Gläubiger ihre Zustimmung zu einem Vergleich teilweise teuer abkaufen lassen und auf Zahlungen beharren, die oft über dem aktuellen pfändbaren Einkommen liegen. Oder sie bestehen auf Ratenzahlungen, die länger als 36 Monate laufen.
Um Druck auf den Schuldner auszuüben, können die Gläubiger auch während der Vergleichsverhandlungen Pfändungsmaßnahmen aufrechterhalten oder einleiten.
Für den Fall, dass die vereinbarten Vergleichszahlungen aufgrund von plötzlicher Krankheit oder Arbeitslosigkeit des Schuldners nicht mehr aufgebracht werden können, droht in der Regel das Scheitern des Vergleichs, da die Gläubiger regelmäßig zu einem Verzicht oder Reduzierung der vereinbarten Raten nicht bereit sein werden.
Auch wenn die Erteilung der Restschuldbefreiung am Ende des Insolvenzverfahrens sicher erscheint, kann die Restschuldbefreiung bei Verstoß gegen die Obliegenheiten Insolvenzordnung auch versagt werden. Dies ist zwar ein Ausnahmefall, oft werden die Verpflichtungen gegenüber dem Insolvenzverwalter oder dem Insolvenzgericht aber als Beschränkung empfunden.
Zum Nachteil kann ein Insolvenzverfahren werden, wenn sich die wirtschaftliche Situation des Schuldners im laufenden Insolvenzverfahrens erheblich verbessert. So kann sich beispielsweise das pfändbare Einkommen des Schuldners im Laufe des Verfahrens durch
- Gehaltserhöhungen,
- Beförderungen,
- Jobwechsel oder
- den Wegfall von Unterhaltsverpflichtungen (z.B. bei Volljährigkeit von vorher unterhaltsberechtigten Kindern oder eigenem Einkommen von vorher einkommenslosen Ehegatten)
schmerzhaft erhöhen. Im Fall von Erbschaften, Schenkungen oder Lotto Gewinnen müssen 50% davon zur Insolvenzmasse abgeführt werden, und zwar unabhängig davon, ob der Wert der Erbschaft oder Schenkung die Höhe der Schulden weit übersteigt.
Als Nachteil wird oft empfunden, wenn sich durch die Verschuldung auch das Schufa-Ranking verschlechtert. Derzeit speichert die Schufa AG negative Einträge für einen Zeitraum von 3 Jahren. Hierzu zählen Störungen bei der Zahlung von Rechnungen, Kreditraten oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahren.
Für weitere 3 Jahre werden aber auch Einträge zur Beendigung eines Insolvenzverfahrens oder der Erfüllung eines Vergleichs gespeichert. Dies bedeutet, dass auch bis zu 3 Jahre nach Beendigung eines Insolvenz- oder eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens die Bonität der Schuldner noch nicht wiederhergestellt ist.
Wobei wohl die negativen Auswirkungen bei Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens geringer sind als im Falle eines Insolvenzverfahrens. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Außergerichtlicher Vergleich oder Insolvenzantrag: Sonderfall selbständige Schuldner
Oft haben selbständige Unternehmer ein größeres Interesse daran, ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Die Gründe hierfür können vielfältig sein:
- die Fortführung eines langjährigen Unternehmens soll nicht gefährdet werden,
- es wird befürchtet, dass durch ein Insolvenzverfahren der gute Ruf des Unternehmens leidet,
- Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben,
- in das Unternehmen eingebrachte Vermögenswerte sollen nicht gefährdet werden.
Aus diesen oder anderen Gründen versuchen Selbständige und Freiberufler zunächst ihr Unternehmen durch Sanierungsmaßnahmen zu retten. Zur Sanierung können dabei „Finanzspritzen“ in Form von Krediten oder aber Zahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern des Unternehmens beitragen.
Diese haben auch oft gute Aussichten auf Erfolg, wenn die wirtschaftliche Basis des Unternehmens intakt und die Auftragslage gut ist und die Aufträge mit dem vorhandenen Personal bearbeitet werden können.
Auch die Gläubiger haben meist kein Interesse an der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, in dem sie ihre Forderungen meist komplett abschreiben müssen, sondern sind oft bereit, ihrem bisherigen Geschäftspartner und jetzigem Schuldner finanziell entgegenzukommen und damit wenigstens einen Teil ihres Geldes oder sogar die Geschäftsbeziehung zu retten.
Wichtig ist hier, möglichst in einem frühen Stadium in die Verhandlungen mit den Gläubigern einzutreten und Ihnen als zuverlässiges Gegenüber auf Augenhöhe entgegenzutreten.
In unserer Praxis konnten wir beobachten, dass solche Vergleichsverhandlungen meist scheitern, wenn auf Gläubigerseite Finanzämter oder andere öffentliche Stellen, wie z.B.Sozialversicherungsträger, auftauchen, da diese oft nicht zu einem Schuldenschnitt bereit sind.
Insolvenzverfahren als Möglichkeit zur Rettung der selbständigen Tätigkeit
Wenn solche Vergleichsverhandlungen nicht sinnvoll oder nicht aussichtsreich sind, bietet sich die Einleitung eines Insolvenzverfahrens durchaus als Möglichkeit zur Rettung der selbständigen Tätigkeit an. Die selbständige Tätigkeit des Schuldners kann mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben werden.
Dies bedeutet, dass die selbständige Tätigkeit des Schuldners nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört. Der selbständige Schuldner kann damit seiner selbständigen Tätigkeit wieder ohne Einflussnahme des Insolvenzverwalters nachgehen. Seine Einnahmen und Gewinne fließen nicht dem Insolvenzverwalter zu, sondern bleiben beim Selbständigen.
Zum Ausgleich hierfür muss der selbständige Schuldner freiwillige Zahlungen an die Insolvenzmasse abführen. Um deren Höhe zu bestimmen, muss das fiktive pfändbare Einkommen des Selbständigen Schuldners bestimmt werden. Auf Antrag legt das Insolvenzgericht dabei ein fiktives Bruttogehalt des Selbständigen fest, aus dem unter Berücksichtigung von Unterhaltsverpflichtungen wiederum das fiktive pfändbare Einkommen bestimmt werden kann.
Diese Regelung ist für den selbständigen Schuldner oft günstiger als für den angestellten Schuldner, bei dem der Arbeitgeber das pfändbare Einkommen berechnet und an den Insolvenzverwalter abführt.
Wenn der selbständige Schuldner seine freiwilligen Zahlungen regelmäßig zur Insolvenzmasse leistet und auch seine übrigen Verpflichtungen erfüllt, wird er mit Erteilung der Restschuldbefreiung von seinen Schulden und Altlasten (auch von Steuerrückständen, solange sie nicht durch eine Steuerstraftat entstanden sind) befreit und kann für sich und sein Unternehmen einen Neuanfang ausrufen.
Außergerichtlicher Vergleich oder Insolvenzantrag: Wir prüfen Ihren Fall
Sind noch Fragen offen geblieben in Bezug auf die Frage "außergerichtlicher Vergleich oder Insolvenzantrag?" Dann rufen Sie uns an unter 089 255 47 152 oder schreiben Sie uns eine E-Mail an kanzlei@schuldnerberatung-fehse.de. Wir prüfen Ihre individuelle Situation und helfen Ihnen erfolgreich aus den Schulden.
Bildquellennachweis: Jürgen Hüls | Panthermedia