Unternehmensinsolvenz: 6 Fakten zur Insolvenzverschleppung
Als Geschäftsführer einer GmbH oder UG trägt man die Verantwortung für die wirtschaftlichen Geschicke des Unternehmens und die dort angestellten Beschäftigten.
Insbesondere bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens müssen sich Geschäftsführer und Gesellschafter juristischer Personen auch mit Haftungsansprüchen und strafrechtlichen Konsequenzen auseinandersetzen.
Inhalte dieser Seite
1. Was ist eine Insolvenzverschleppung
2. Wie lautet das Strafmaß für eine Insolvenzverschleppung?
3. Welche Schadensersatzansprüche drohen?
4. Beispiel für verbotene Zahlungen
5. Wie kann ein Schuldnerberater bei der Vermeidung einer Insolvenzverschleppung helfen?
6. Durchgriffshaftung des Finanzamts und der Sozialversicherungsträger
1. Was ist eine Insolvenzverschleppung?
Ist eine GmbH oder UG überschuldet oder zahlungsunfähig, wird vom Geschäftsführer und den Gesellschaftern erwartet, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen.
Versäumt er dies oder stellt er den Antrag zu spät, droht eine strafrechtliche Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a InsO.
Innerhalb von maximal drei Wochen kann noch versucht werden die Unternehmenskrise durch Sanierungsbemühungen abzuwenden.
Sollte eine Sanierung nicht möglich sein oder scheitern, muss zwingend ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.
Beachten Sie: Es ist nicht hilfreich, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verzögern. Wenn Sie davon ausgehen müssen, dass ein Unternehmenszusammenbruch droht und Sanierungsbemühungen nicht erfolgreich sein werden, sollten Sie unverzüglich handeln, um dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung zu entgehen.
2. Wie lautet das Strafmaß für eine Insolvenzverschleppung?
Das Strafmaß bei einer Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung liegt zwischen einer Geldstrafe und einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - bei vorsätzlichem Handeln.
Bitte beachten Sie auch die zivilrechtlichen Konsequenzen:
Bei einer Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung ist es dem Geschäftsführer für fünf Jahre untersagt, als Geschäftsführer einer anderen GmbH oder UG bestellt zu werden.
Bei einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen oder mehr, oder zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten oder mehr, kann in einem Insolvenzverfahren des Geschäftsführers oder Gesellschafters keine Restschuldbefreiung mehr erteilt werden.
Wenn bereits ein Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung läuft, kann ein Rechtanwalt bei rechtzeitiger Beauftragung die Verurteilung abwenden oder das Strafmaß zumindest reduzieren.
3. Welche Schadensersatzansprüche drohen?
Neben den strafrechtlichen Konsequenzen drohen Schadensersatzansprüche nach § 64 GmbHG wegen der verspäteten Antragstellung, die vom Insolvenzverwalter des Unternehmens geltend gemacht werden und für die Geschäftsführer und Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen unbeschränkt haften.
Die Höhe dieser Ansprüche liegt in der Regel weit über den Geldstrafen und führt in vielen Fällen dazu, dass Geschäftsführer und Gesellschafter des insolventen Unternehmens ebenfalls einen Privatinsolvenzantrag stellen müssen.
Wichtig ist, dass der Geschäftsführer nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung keine Zahlungen aus dem Vermögen der GmbH- leisten darf! Werden trotz Insolvenzreife solche Zahlungen vorgenommen ist der Geschäftsführer gemäß § 64 Satz 1 GmbHG zum Ersatz dieser Zahlungen verpflichtet.
Solche verbotenen Zahlungen umfassen insbesondere:
- Neugeschäfte, die nach Eintritt der Insolvenzreife vorgenommen werden,
- Abbuchungen vom Konto der überschuldeten GmbH,
- Zahlungen des Geschäftsführers an Gläubiger der GmbH,
- Zahlungen an die Gesellschafter und
- nach der sogenannten Additionsmethode auch Einzahlungen auf das debitorische Konto der GmbH. Damit haften Geschäftsführer nicht nur für geleistete Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife sondern auch für Zahlungseingänge nach Eintritt der Insolvenzreife.
4. Beispiel für verbotene Zahlungen
Insolvenzantrag 01.03.2019, der Insolvenzverwalter stellt fest, dass die Gesellschaft bereits seit dem 05.11.2017 zahlungsunfähig und / oder überschuldet war, zwischen dem 05.11.2017 und dem 01.03.2019 veranlasste der Geschäftsführer Zahlungsausgänge vom Geschäftskonto in Höhe von 50.000 EUR, im gleichen Zeitraum gingen auf dem Geschäftskonto 54.000 EUR ein – der Insolvenzverwalter wird den Geschäftsführer auf 104.000 EUR in Anspruch nehmen!
Stellt der Insolvenzverwalter solche verbotenen Zahlungen fest, fordert er diese in voller Höhe zuzüglich der aufgelaufenen vom Geschäftsführer der insolventen Gesellschaft zurück.
Aufgrund der oftmals enormen Forderungshöhen ist eine Zahlung in voller Höhe oftmals unmöglich. Um der Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz oder eines möglichen Insolvenzverfahrens zu entgehen, sollte vom Geschäftsführer oder Gesellschafter eine außergerichtliche Lösung mit dem Insolvenzverwalter gesucht und ein wirtschaftlich sinnvoller Vergleich abgeschlossen werden. Die Insolvenzverwalter zeigen sich hier oft gesprächsbereit und sind in den meisten Fällen bereit, angemessene Vergleichsbedingungen zu akzeptieren.
5. Wie kann ein Schuldnerberater bei der Vermeidung einer Insolvenzverschleppung helfen?
Unsere Erfahrungen zeigen, dass in nahezu allen Unternehmensinsolvenzen der Insolvenzantrag zu spät gestellt wird (man geht von 98% zu spät gestellter Anträge aus) und dadurch strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen drohen. Kaufmännisch ist es nachzuvollziehen, dass nicht bei jeder kleinen Verschiebung des Finanzgleichgewichts ein Insolvenzantrag gestellt wird.
Aus rechtlicher Sicht zögern jedoch viele Unternehmer zu lange und machen sich unnötig wegen Insolvenzverschleppung angreifbar.
Ein erfahrener Schuldnerberater kann die rechtliche Lage einschätzen und Ihnen dabei helfen, das Schlimmste verhindern. Er kann sowohl bei dem Versuch der Sanierung beraten, etwaige Insolvenzgründe und die Notwendigkeit eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens feststellen und Ihnen in diesem Fall zur Seite stehen.
6. Durchgriffshaftung des Finanzamts und der Sozialversicherungsträger
Für rückständige Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung haftet der Geschäftsführer persönlich.
Auch in einem eigenen „Privatinsolvenzverfahren“ kann sich der Geschäftsführer nicht von den Forderungen der Sozialversicherungsträger befreien.
Das Nichtabführen von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung stellt eine Straftat dar und wird von den Krankenkassen als eine „vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung“ zur Insolvenztabelle gemeldet. Geht der Insolvenzschuldner dagegen nicht vor, wird für diese Forderung keine Restschuldbefreiung erteilt, d.h. sie bleibt auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung in der angemeldeten Höhe bestehen.
Es ist dringend zu raten, gegen diesen Vorwurf beim Insolvenzgericht Widerspruch einzulegen. Oft kann durch den Widerspruch zumindest die Höhe der als vorsätzlich unerlaubte Handlung angemeldeten Forderung reduziert werden.
Der Geschäftsführer haftet nach § 69 AO auch persönlich für nicht rechtzeitig abgegebene Steuererklärungen, die Verletzung seiner Buchführungspflichten und Nichtabführung von Umsatz- und Lohnsteuern.
Haben Sie darüber hinaus noch Fragen zu diesem Thema? Vereinbaren Sie noch heute den ersten Beratungstermin unter 089 255 47 152, schreiben Sie uns eine Mail an kanzlei@schuldnerberatung-fehse.de oder nutzen Sie unsere Online Terminbuchung.
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